Ein achtsames NEIN zu anderen ist ein JA zu mir selbst!

Fühlen Sie sich auch manchmal durch die Ansprüche im Außen, die Erwartungen des Chefs, von Anfragen der Kolleginnen
oder von den Wünschen Ihrer Familie überfordert? Würden Sie gern häufiger konsequent und klar sagen, wo ihre Grenzen
liegen?

Warum sagen Sie dann ja – wenn Sie eigentlich nein sagen wollen?

Vielleicht haben Sie den Eindruck, dass sie allein für eine Aufgabe verantwortlich sind und es kommt Ihnen folgender Gedanke:
„Wenn ich es nicht mache – macht es keiner“! Oder aber Sie möchten den anderen nicht verletzen und nehmen eine
Aufgabe an – obwohl Sie eigentlich lieber ablehnen würden? Vielleicht haben Sie auch Schuldgefühle, weil Sie sich gegenüber
der anderen Person verpflichtet fühlen? Ihren Eltern, ihrer eigenen Familie gegenüber?

GRENZEN SIE SICH AB – OHNE EGOISTISCH ZU SEIN!

Werden Sie sich zuallererst einmal dieser Tatsache bewusst: Die Kompetenz „NEIN“ zu sagen, heißt, im Sinne eines achtsamen
Umgangs mit sich selbst, „JA“ sagen zu können – zu seinen eigenen Bedürfnissen und Wünschen! Aber nicht jedem
Menschen fällt das leicht. Gerade jemand mit einem großen sozialen und zwischenmenschlichen Gespür hat eine hohe
Wahrnehmung für die Bedürfnisse und Nöte anderer Menschen – und ein „Ja, mache ich!“ kommt ihr oder ihm schnell über
die Lippen. Sie sagen sofort JA, ohne zu zögern. Sie stehen gern mit Rat und Tat anderen Menschen zur Seite und ziehen
mit ihrer hohen Einsatzbereitschaft auch eine Menge Selbstwert und auch Energie daraus, für andere die Extra-Meile zu
gehen. Schwieriger ist es, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen, sich angemessen abzugrenzen und eine Bitte auch mal
abzuschlagen – ohne das Gefühl zu haben egoistisch zu sein.

MACHEN SIE ES ALLEN RECHT – VOR ALLEM SICH SELBST!

Was manchmal leicht belächelnd als „Helfersyndrom“ beschrieben wird, hat oftmals damit zu tun, dass Menschen von inneren
Antreibern geleitet werden. Hinter den Antreibern stecken meist Botschaften und Ratschläge aus unserer Kindheit.
Befolgen wir diese Ratschläge, bekommen wir dafür Anerkennung und fühlen uns akzeptiert. Diese unbewussten Lebensskriptmuster
beeinflussen auch später im weiteren Leben noch unser Denken, Fühlen und Verhalten. Die Antreiber
oder auch Motivatoren beinhalten zunächst einmal eine positive Absicht – sie motivieren uns, machen uns produktiver und
helfen uns, ein sozialverträgliches und zufriedenes Leben zu führen. Der Wunsch hinter dem Motivator „Mach es allen
Recht“ ist es, durch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft die Zugehörigkeit zur Gruppe zu behalten.

AUS DEN ANTREIBERN IN DIE INNERE ERLAUBNIS KOMMEN

Tritt dieses Bedürfnis zu sehr in den Vordergrund, entstehen daraus negative Auswirkungen. Es wird zu einer unreflektierten
Verhaltensweise – im wahrsten Sinne zu einem Antreiber. Die „SEI-GEFÄLLIG-MENSCHEN“ fühlen sich dann immer
dafür verantwortlich, dass andere sich wohlfühlen und sie jeden zufriedenstellen müssen.

Hilfreich ist es, sich zunächst einmal bewusst zu machen, dass es dieses Verhaltensmuster gibt und die positive Absicht
dahinter auch zu würdigen und anzuerkennen. Es braucht zunächst einen Perspektivwechsel, um aus den Antreibern in die
innere Erlaubnis zu kommen. Finden Sie für sich neue Bewertungen, zum Beispiel:

  • „Meine Bedürfnisse und Wünsche sind ebenso wichtig.“
  • „Ich darf auch Grenzen setzen und Nein sagen.“
  • „Ich muss nicht bei allen beliebt sein.“
  • „Ich helfe nur, wenn ich es will und nicht aus Pflichtgefühl.“
  • „Ich achte auf mich und meine Energie.“

INNEHALTEN ZWISCHEN REIZ UND REAKTION

Statt in der konkreten Situation im „Autopiloten-Modus“ sofort „JA!“ zu sagen, braucht es ein kurzes Innehalten – ein inneres
Stopp-Signal. Widerstehen Sie dem inneren Druck und geben Sie der Bitte nicht sofort nach. In der Achtsamkeitslehre
spricht man davon, dass es zwischen Reiz und Reaktion einen Raum gibt, in dem wir unsere Handlungsmöglichkeiten
wählen können. Nehmen Sie sich bewusst eine Pause und atmen Sie tief durch. Sie können dem anderen auch sagen, dass
Sie mal kurz darüber nachdenken möchten.
Bieten Sie ihre Unterstützung nicht an, wenn Sie es nicht wollen oder im Moment keine Zeit haben. Warten Sie nicht ab,
bis das Fass übergelaufen ist. Oftmals erdulden wir viel zu lange und reagieren dann ärgerlich und schuldzuweisend.

EINFACH MAL AUSPROBIEREN!

Vielleicht fällt Ihnen noch schwer - aber Übung macht hier den Meister oder die Meisterin. Sie bleiben auch weiterhin ein
liebenswerter und hilfsbereiter Mensch, auch wenn Sie öfter mal ihre eigenen Bedürfnisse formulieren und Grenzen
setzen. Zerreden Sie ihre erste Aussage nicht durch Entschuldigungen und weitere Erklärungen. Warten Sie ab, was passiert.
Auch ihr Gesprächspartner muss über das, was Sie gesagt haben, erst einmal nachdenken. Mit der Zeit werden Sie
sehen, wie sehr sich auch ihre Mitmenschen daran gewöhnen werden, dass sie auch mal ein Nein von Ihnen zu hören bekommen.

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