Weg aus der Angst

-MIT ACHTSAMKEIT ÄNGSTE ÜBERWINDEN.

Angst kann man nicht einfach wegmachen – der Wunsch die Sorgen und angstmachenden Gedanken aus dem Kopf zu verbannen verschlimmern es meistens sogar. Angst schränkt unser Denken ein und plötzlich sehen wir Probleme, wo wir ohne die Angst ganz zuversichtlich wären und klar denken könnten. Wenn es ganz schlimm wird, könnte es sogar so weit kommen, dass wir Angst vor der Angst bekommen. In diesem Artikel stelle ich Strategien vor, wie wir mit Hilfe von Achtsamkeit lernen können, der Angst zu begegnen, ohne diese eskalieren zu lassen und wieder mehr Leichtigkeit und Lebensfreude erleben.

WIE KÖRPER UND EMOTIONEN MITEINANDER VERNETZT SIND

Gefühle entstehen im Gehirn im limbischen System, genauer gesagt in der Amygdala/Mandelkern. Die Amygdala reagiert wie eine Alarmglocke schon auf Gefahrenreize, bevor wir überhaupt wissen, was eigentlich los ist. Wenn wir einen lauten Knall hören, schrecken wir zusammen ohne, dass wir das bewusst steuern. Die Amydala ist immer auf dem Sprung uns zu warnen und dadurch arbeitet dieser Bereich auch manchmal voreilig oder sogar falsch. Frei nach dem Motto „Lieber einmal mehr zusammengezuckt, als eine Gefahr übersehen“. Das ist auch der Grund, warum wir manchmal zuerst Angst haben und erst danach merken, dass sie völlig überflüssig war. Unser Körper reagiert auf das schnelle Eingreifen der Amygdala blitzschnell. Es werden die Neurotransmitter Adrenalin und Cortisol auf den Weg gebracht ohne, dass wir das bewusst steuern müssten. Die körperlichen Reaktionen daraus sind unter anderem dass sich unser Puls sich erhöht, die Hände und Füße werden kälter, der Mund wird trocken, dafür schwitzen wir mehr und das Denkhirn wird erst mal ausgeschaltet – es entsteht der sogenannte Tunnelblick. Das zeigt sich auch in vielen Sprichwörtern, die wir benutzen um Situationen zu beschreiben, in denen wir Angst hatten oder geschockt waren, zum Beispiel „Da habe ich kalte Füße bekommen“, „Ich war wie vor den Kopf geschlagen“, „Mir ist die Spucke weggeblieben“ oder „Ich habe Blut und Wasser geschwitzt“. All das hat der Körper gut eingerichtet, um uns drei Möglichkeiten zu geben auf Gefahren zu reagieren: Kampf-Flucht oder Einfrieren (Tot stellen).

DIE POSITIVE SEITE DER ANGST

Das sind die Erfolgsstrategien, um uns überleben zu lassen. Stellen Sie sich mal vor, wir würden in der Wildnis von einem Löwen angegriffen werden und würden dann erst lange überlegen: „Oh, großes Tier mit langen Krallen…hm mal nachdenken, was sollte ich jetzt machen“. Wir hätten diese Szene wohl kaum überlebt. Daher ist Angst eine lebenswichtige Emotion, wenn es um reale Ängste geht, wo wir uns in Sicherheit bringen müssen. Angst ist auch nicht nur Hemmnis, sondern auch eine Chance. Angst kann die treibende Kraft sein, die uns zur Leistung anstachelt und uns helfen kann herausfordernde Situationen kreativ zu meistern. Angst vor dem Versagen, vor dem Abgewertet werden, vor der Mittelmäßigkeit treibt uns an. Wir müssen da nur an unser Schulzeit denken – vielleicht kennen Sie das auch noch, das Sie erst der Druck und die Angst vor einer schlechten Note dazu gebracht hat intensiv sich vorzubereiten. Ein Zuviel an Angst verschlechtert allerdings die Leistungen, wenn man zum Beispiel ein Examen ablegen oder einen Vortrag halten muss, weil die Angst uns lähmt. Ein mittleres Angstlevel führt zum besten Ergebnis, weil es uns antreibt.

WENN DIE ANGST ZUR BELASTUNG WIRD, DIE UNS QUÄLT

Die Übergänge von kleinen alltäglichen Ängsten und echten Angsterkrankungen sind fließend. Manchmal auch ausgelöst durch eine traumatische Erfahrung oder auch als Symptom anderer psychischer Erkrankung wie zum Beispiel Depressionen. Ständige Angst, die häufig unbestimmt ist, können sich bis hin zur Panik steigern. Wie aus heiterem Himmel kommt dieser intensive Angstzustand ohne Vorwarnung daher. Die Neuronentätigkeit in der Amygdala explodiert geradezu. Es werden Stresshormone ausgeschüttet und in Sekundenschnelle kommt es zu Herzklopfen, Schweißausbruch, Zittern, Atemnot bis hin zu dem Gefühl ohnmächtig zu werden oder sogar zu sterben. Die Amygdala spielt verrückt – vielleicht nur für ein paar Minuten, vielleicht für ein paar Stunden, vielleicht nur alle paar Wochen, vielleicht auch mehrmals am Tag. Ständige Angstzustände und Panikanfälle sind anstrengend -man fühlt sich wie nach einem Kampf oder Angriff „wie vom Traktor überfahren“. Das Allerschlimmste: Sie sind ein negatives Training für das Gehirn. Jede Fähigkeit, die wir wiederholen bildet neue neuronale Verbindungen in unserer Gehirnstruktur. Wenn wir ein Musikinstrument erlernen, eine andere Sprache oder eine neue Sportart werden wir durch wiederholtes Üben darin besser. Genauso ist es mit der Angst! Je mehr wir in die Angst reinkommen, desto größer werden die Gehirnareale für Angst und Panik. Es ist wie ein Muskel der immer mehr trainiert wird und stärker wird – manchmal sogar soweit, dass wir Angst vor der Angst bekommen. Irgendwann verlieren wir die Kontrolle darüber und vor lauter Lebensangst den Zugang zu unserer Lebendigkeit, Kreativität, Freude und die Klarheit dafür, dass die Angst nicht real ist.

MIT ACHTSAMKEIT DAS REIZ-REAKTIONSMUSTER UNTERBRECHEN.

Das Wissen darum, dass wir ja eigentlich keine Angst haben müssten, hilft uns leider nicht. Gut gemeinte Ratschläge von Freunden oder Familie die uns auch noch darauf hinweisen „Du musst doch keine Angst haben“ sind hilflose Versuche uns zu unterstützen. Viele Menschen denken in dieser Situation kann mir nur noch ein Wunder helfen oder ein Arzt oder ein Medikament. Die gute Nachricht ist: Sie müssen die Angst nicht hinnehmen, Sie können sie wieder abtrainieren.

Achtsamkeit ist dabei die Fähigkeit die automatischen Reiz-Reaktionsmuster zu unterbrechen, „bewusst im Fahrersitzt“ zu bleiben und sich nicht von den Emotionen weg spülen zu lassen. Sie können die Welle der Angst nicht verhindern, aber Sie können lernen darauf zu surfen.

ACHTSAME SCHRITTE AUS ANGST UND PANIK

Das Gefühl annehmen und willkommen heißen.

Wenn Sie merken, dass die Angst kommt – geben Sie den Widerstand dagegen auf. Die Angst will sie beschützten-das ist gut so. Akzeptieren Sie das und nehmen Sie das Gefühl, das in ihnen aufsteigt an. Einfach nur fühlen-nicht darüber nachdenken. Jeder Gedanke, der sich jetzt dagegenstellt und es weghaben will, verschlimmert die Situation. Besonders die Gedanken „Warum denn jetzt schon wieder“ „Ich will das nicht“ oder ähnliches befeuern eher das Gefühl. In der Achtsamkeit spricht man davon, dass Leid erst entsteht, wenn Schmerz plus Widerstand zusammen kommen. Die Angst ist schon da – das Leid kommt durch den Widerstand. Lassen Sie zu, dass die Angst da ist.

Fühlen statt Denken

Fühlen und Beobachten Sie das Gefühl-so wie ein Forscher, der in einem fremden Land ein neues Objekt gefunden hat, dass er noch nie vorhergesehen hat. Wo im Körper können Sie das Gefühl wahrnehmen? In der Brust? Im Bauch? In den Händen? Wie fühlt es sich an: warm oder kalt…hart oder weich? „Ist es hell oder dunkel“? Wo im Körper spüren Sie Anspannung, die Sie vielleicht lockerlassen können: in den Schultern, im Nacken, im Gesicht oder in der Kiefermuskulatur? Locker lassen – loslassen! Durch die Beobachtung gewinnen Sie Abstand zu der Angst. Es ist nur ein Gefühl, das kommt und auch wieder geht.

Den Atem frei fließen lassen

Wenn wir Angst haben, unterdrücken wir oft den Atem. Lassen Sie ihren Atem frei fließen mit geöffnetem Mund. Konzentrieren Sie sich auf den Atem-wo im Körper können Sie den Atem spüren? Immer wieder mit der Aufmerksamkeit zum Atem zurückkehren. Moment für Moment-jetzt den Atem im Körper spüren. Durch die Fokussierung auf den Atem kommen wir wieder in Kontakt mit dem gegenwärtigen Augenblick. Ängste entstehen aus den Erfahrungen der Vergangenheit oder den Sorgen über die Zukunft. Der Atem ist immer im HIER und JETZT.

Üben Sie diese drei Schritte so oft wie mögliche-nicht erst, wenn die Angst am größten ist. Die Feuerwehr übt den Einsatz auch nicht erst, wenn es brennt. Am besten ist es, wenn Sie auch ohne Angst lernen sich selber bewusster wahrzunehmen, ihr Denken, Fühlen und Handeln. Alles was uns bewusst ist, kann uns nicht unbewusst steuern. Das lehrt uns die Achtsamkeit.

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